Jowat Inside
Stories

"Die Krise erfordert Flexibilität"

Wirtschaft in Lippe: Als eines der ersten Unternehmen hat Jowat im März seine Produktion auf Desinfektionsmittel umgestellt. Die Nachfrage geht inzwischen zurück.

 

Mit Beginn der Coronavirus-Pandemie wurde neben dem Klopapier vor allem eins knapp – Desinfektionsmittel. Dieser Mangel brachte einige Unternehmen dazu, umzudenken und flexibel zu reagieren. Vorn mit dabei: Die Detmolder Firma Jowat. Dank einer Allgemeinverfügung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) war es seit Mitte März möglich, dass Unternehmen, die über die technischen Voraussetzungen und das Material verfügen, ihre Produktion auf die Herstellung von Desinfektionsmitteln umstellen. Und genau dies tat man bei Jowat – denn das Know-How und die Produktionsmittel waren vorhanden. Wo sonst Klebstoffe hergestellt werden, wurden nun auch Produkte zur Hände- und Kleinflächendesinfektion produziert und zunächst an den Bevölkerungsschutz des Kreises ausgegeben.
Im September lief die Verfügung aus, wurde dann jedoch um ein weiteres halbes Jahr verlängert. „Ob das im kommenden April noch mal so sein wird, bleibt abzuwarten“, sagt Dr. Hartmut Henneken, Leiter Forschungsdienste, der den Prozess von Anfang an begleitet hat. Der Bedarf sei zwarimmer noch vorhanden, im Vergleich zum Beginn der Pandemie aber deutlich gesunken. 

Zwei unterschiedliche Mittel stellt das Unternehmen her, eines auf Basis von Isopropanol, das andere auf Basis von Ethanol. „Beides nutzen wir auch für die Herstellung unserer Klebstoffe“, erläutert Dr. Hartmut Henneken. Bei dem müsse im Prinzip nur noch gereinigtes Wasser hinzugefügt werden. Die genaue Zusammensetzung sei durch die Allgemeinverfügung vorgegeben. Abgefüllt werden die Desinfektionsmittel in Kanistern und Flaschen. Während beide Stoffe also seit März neben der Herstellung von Klebstoffen auch für
die Produktion von Desinfektionsmitteln genutzt werden, habe es zunächst einen kleinen Engpass gegeben. „Auch weil Corona für Lieferschwierigkeiten gesorgt hat“, sagt Henneken. Da zeitweise aber auch die Nachfrage nach Klebstoffen zurückgegangen sei, habe sich beides ausgeglichen. „So gesehen hat uns das sogar in die Karten gespielt, weil wir letztlich unsere Rohstoffe für einen guten Zweck nutzen konnten.“ 

Der administrative und organisatorische Aufwand sei zunächst groß gewesen. „Immerhin haben wir innerhalb einer Woche die erste Charge produziert und abgefüllt.“ Ausgegeben wurden die Mittel zunächst als Spende an den Bevölkerungsschutz, der diese für seine Testzentren benötigte. Inzwischen werden vor allem Feuerwehren, Schulen, Kommunen und gemeinnützige Einrichtungen beliefert, aber auch Unternehmen können die Desinfektionsmittel beispielsweise zum Auffüllen ihrer Spender bestellen.
An Privatkunden werden sie übrigens nicht ausgegeben. „Wir haben mit der Herstellung keine kommerziellen Ziele verfolgt, sondern Engpässe beseitigt.“ Bisher wurden laut Henneken etwa 5000 Liter der Desinfektionsmittel hergestellt, und das Unternehmen hat derzeit auch noch ausreichende Mengen vorrätig. „Solange die Allgemeinverfügung dies zulässt und der Bedarf anhält, werden wir weiterhin produzieren“, sagt der Forschungsdienst-Leiter. Etwa im Februar würden dann die bisherigen Abnehmer angeschrieben, noch benötigte Mengen vorsichtshalber bereits zu bestellen. Denn, sollte es keine Verlängerung der Allgemeinverfügung geben, wird das Unternehmen seine Produktion wieder zu hundert Prozent auf das Kerngeschäft „Klebstoffe“ ausrichten.

Der Artikel ist in der Lippischen Landeszeitung vom 30.12.2020 erschienen.